Die Politik ist uns abhanden gekommen

Der Staatsdienst muss zum Nutzen derer geführt werden, die ihm anvertraut werden, nicht zum Nutzen derer, denen er anvertraut ist. (Cicero)

Fast 2 Jahre Pandemie, die Hälfte der Regierungszeit von Kurz – beide eng miteinander verbunden. Beides zeigt, wie sehr sich Politik, die Gesellschaft und vor allem unser Verständnis, was die Aufgaben eines Staates sind, massiv verändert hat.

Gecko – der verunglückte Name einer Einrichtung, die so tut, als würde sie sich nach internationalem Vorbild professionell der Pandemie-Bekämpfung widmen. Dabei ist es maximal ein weiterer Arbeitskreis in der bürokratisch-habsburgerischen Tradition, der in seiner Umsetzung ein wenig an ein Ernst Marischka-Drehbuch erinnert. Zu diesem passt auch die aktuelle Bundeskanzler Kommunikation: „Unsere Liebsten“ ist die meist verwendete Formulierung im Zusammenhang mit Weihnachten und Omikron-Massnahmen. Klingt komisch ist aber so.

Aber genau hier nähern wir uns einem Grundproblem, das uns nun seit dem Türkisen Weg und noch mehr seit dem Ausbruch der Pandemie begleitet:

Was ist die Aufgabe von Politik?

Was ist die Aufgabe des Staates?

Und vor allem: warum spielt der moralische Anspruch an Politik und seine ExponentInnen keine Rolle mehr sondern setzt erst beim Strafrecht ein?

Medien

Ähnliches gilt auch für die Medien: die sachliche, kritische, hinterfragende Berichterstattung hat nicht nur durch Türkise Manöver sondern auch durch die Pandemie und ihrer Einmaligkeit, was Eingriffe in bürgerliche Grund- und Freiheitsrechte betrifft, stark gelitten. Die Äquidistanz vermisst man nicht nur beim Boulevard, dem diese auch nicht mehr wirklich zugeschrieben wird sondern auch bei sogenannten Qualitätsmedien – egal welcher Blattlinie verschrieben.

Demokratische Einrichtungen

Demokratische Einrichtungen wie Regulierungsbehörden für Medien, versagen in ihrer Grundaufgabe. Daher haben dann Nischensender wie zb Servus TV die Chance, nachhaltig und unwiderbringbare Fake News zu kommunizieren, die den Staat als solches aber auch notwendige Massnahmen ständig hinterfragen (Impfung).

Attacken auf Justiz und Parlament

Bis vor kurzem wurde von Teilen der Regierung die Justiz enormen Angriffen ausgesetzt. Die Argumentation gegen das Handeln der Wksta hat sich langsam aber sicher in Aussagen renommierter Juristen bzw VertreterInnen deren Genres eingeschlichen. Die Justiz, ein wichtiger unabhängiger Pfeiler unserer liberalen Demokratie, Garant für den Rechtsstaat und Säule der Gewaltenteilung, begann Risse in ihrem Handlungsfeld zu bekommen. Und das bedauerliche ist: ohne allzugrosse Gegenwehr. Ähnliches übrigens ist dem Parlamentarismus widerfahren. Stichwort Untersuchungsausschuss. Ein demokratisches Instrument der Legislative, das in Verantwortung dem Wähler steht, wurde von der Exekutive (also von Türkisen Vertretern) ständig in Misskredit gebracht. Auch hier nicht wirklich unter einem medialen Aufschrei. Die Grenze verschwimmen, das Anbiedern erfährt eine weitere Renaissance, wohlwollende Berichterstattung bedurfte da oft keiner finanziellen Zuwendung mehr. Der eigene Vorteil daraus zählte.

Politik ist nicht Privatwirtschaft

Wenn nun die Politik und der Staat mit einem privatwirtschaftlich geführten Unternehmen verglichen werden, ist das der grundsätzlich falsche Ansatz. Es ist nicht zu vergleichen. Die meisten CEOs würden aller Voraussicht nach nicht von der Belegschaft gewählt werden. Da zählen andere Motive – zu recht.

Staatskunst

Politik und damit die Ausgestaltung des Staates funktioniert anders. Dafür gibt es seit über 100 Jahre die drei grossen ideologischen Konzepte und auch Staatstheorien. Das sind mannigfaltige, komplexe Aufgabenstellungen. Da geht es um Vision aber auch Lösungen von Problemstellungen, die unterschiedliche Prozesse auslösen, die wir als „normaler“ WählerIn noch gar nicht erkennen können und wollen.

Da ist ein Programm gefragt, das die WählerInnen anspricht und ihre Lebenswelten und Situationen verbessert.

Moral Hazard …

Es geht aber vor allem darum, dass ein gewählter Politiker/in in einer parlamentarischen Demokratie seinem Wähler im Wort und in der Verantwortung steht. Daher ist es mehr als problematisch, dass es keine Konsequenz für das Versagen bei der Weberischen Verantwortungs- und Gesinnungsethik gibt. Sich einfach nach eigenem Gutdünken zurück ziehen, obwohl gewählt, hat keinerlei Konsequenzen. Und da denke ich nicht nur aktuell an den Ex Bundeskanzler sondern auch an andere politische VertreterInnen. Die verantwortlichsten Positionen in unserem Land, durch deren Handeln wir alle nachhaltig betroffen sind, haben keinen Anspruch für moralische Verpflichtung mehr.

So funktioniert aber Politik nicht. Politik bedeutet Verantwortung und Verpflichtung. Nur so kann ein Staat in seiner Funktion in einem ordoliberalen Rahmen aufrecht erhalten werden. Daran müssen wir arbeiten. Das gilt es jetzt wieder zu reparieren und aufzubauen.

 

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