Trennbanken: Getrennt um geeint zu sein
Die aktuelle Situation in Griechenland macht es einmal mehr als deutlich: das europaweite Trennbankensystem sollte besser gestern als morgen implementiert werden. Erst im Frühsommer 2015 scheiterte der laxe Entwurf der EU-Kommission im Wirtschaftsausschuss (ECON) des Europäischen Parlaments. Dabei ist es essentiell für die Stabilisierung der Währungsunion. Und hat mit Glass Steagall ein nachahmewürdiges Vorbild.
Das Trennbankensystem war während der zentralen Regulierungsmassnahmen der letzten EU – Kommission an der politischen Tagesordnung. Das System ist sehr simpel: Das Kundengeschäft soll vom risikoreichen Bankgeschäft abgetrennt werden. „Ring Fencing“ nannte es der Trennbankenmentor John Vickers in Grossbritannien. Vickers sprach dabei von dem Schutz der Schafe (Kommerzgeschäft) vor den Wölfen (Investmentbanking) durch eine „Einzäunung“, eben dem Ring Fencing. Genau dort jedoch haben es die Vertreter der „Too big to fail“ Banken geschafft, durch konsequenten Lobbyismus sich aus dem Spiel für ein effektives Trennbankensystem zu nehmen.
Michel Barnier, Binnenmarktkommissar in der Kommission Barroso, beauftragte den ehemaligen finnischen Nationalbankchef Erkki Liikanen mit der Untersuchung zu möglichen Strukturreformen im EU-Bankensektor. 2012 erschien dazu der sogenannte „Liikanen-Report“. Die EU-Staaten einigten sich in Folge auf einen zweistufigen Ansatz, der hier nachzulesen ist und im Wirtschaftsausschuss des Europäischen Parlaments im Frühsommer 2015 zu Fall gebracht wurde.
Universalbank statt Trennbank
Grund dafür war, dass dieser vom schwedischen Berichterstatter Gunnar Hökmark (EVP) vorgelegte Entwurf die Bedeutung der Universalbanken betonte bzw. unterstrich und eine strikte Aufteilung der Geldhäuser in Investment- bzw Kommerzsparte verhindert werden sollte. Dies steht zb im Gegensatz zum deutschen Trennbankengesetz, das vorsieht, dass per 1. Juli 2015 Investmentbanking und das kommerzielle Geschäft jeweils in separate Töchter aufgeteilt werden. Falls daher das EU-Gesetz laxer ausfällt, würde es einen Wettbewerbsnachteil für die deutschen Banken innerhalb der EU bringen (was wahrscheinlich den Briten nicht so unrecht wäre).
Aktuell bringt Jeremy Corbeyn, ein Vertreter des linken Flügels innerhalb der Labour Party, neuen Wind in die Diskussion um Glass Steagall. Er befürwortet eine Implementierung dieses Trennbankenmodells. Corbeyn werden gute Chancen bei der Wahl zum Parteivorsitzenden der Labour Party prognostiziert. Glass Steagall ist ein fertiges Trennbankenmodell, das relativ leicht in die europäische Gesetzgebung eingebettet werden könnte.
Glass Steagall im US-Wahlkampf
Der Dodd Frank Akt, der erst kürzlich wieder von Präsident Barack Obama als gelungenes Beispiel für die Regulierung der Finanzmärkte genannt wurde, steht im aktuellen präsidentiellen US-Vorwahlkampf speziell in Obamas Partei schwer unter Beschuss. Ausser Hillary Clinton, der ein Naheverhältnis zu den Grossbanken der Wall Street in Sachen Wahlkampffinanzierung nachgesagt wird, fordern alle anderen demokratischen Präsidentschaftskandidaten wie Bernie Sanders oder Martin O‘ Malley, eine Reimplementierung von GlassSteagall. (Dies wurde unter Bill Clinton aufgehoben mit den darauf bekannten Folgen für die globale Finanzwirtschaft).
Der „Glass Steagall Act“ wurde 1933 dem Repräsentantenhaus als H.R. 5661 durch Henry B. Steagall vorgelegt, vom U.S. House Committee on Banking and Currency gebilligt und am 16. Juni 1933 von Präsident Franklin Dr. Roosevelt als Gesetz unterschrieben. Dieser „Glass-Steagall Act“ schrieb die Einführung eines Trennbankensystems vor, also eine institutionelle Trennung zwischen Einlagen- und Kreditgeschäft und Wertpapiergeschäft. Banken mussten sich entscheiden als Geschäftsbank für das klassische Einlagen- und Kreditgeschäft sowie damit verbundene Dienstleistungen wie Kontoführung und Zahlungsverkehr (commercial banking) zu fungieren oder als Investmentbank für das Wertpapiergeschäft (investment banking) tätig zu sein.
Nach der Weltwirtschaftskrise kämpften die Banken zwischen 1929 bis 1933 durch die starke Integration und Vernetzung zwischen Investment und Commercial Banking mit massiven Verlusten sowohl auf der Wertpapierseite (Kursstürze) als auch auf der Kreditseite (Kreditausfälle). Durch die Trennung sollte sichergestellt werden, dass sich diese Ereignisse nicht wiederholen.
Fintechs als gelebte Trennbanken
Den Befürwortern des Trennbankensystems und da speziell von Glass Steagall im Europäischen Parlament, allen voran Philippe Lamberts von den Europäischen Grünen, Fabio de Mesi von Die Linke und Jakob von Weizsäcker von der SPD wäre eine gemeinsame transatlantische Initiative zur Implementierung des Trennbankensystems nach Vorbild Glass Steigall in USA wie auch Europa nahezulegen. Gerade die jüngsten Entwicklungen in Griechenland (Bankensperre, Kapitalmarktkontrolle unter anderem wegen Kauf von Staatsanleihen=Dominoeffekt) aber auch die zunehmende Bedrohung eines Finanzkollapses aus China sollten zusätzlich Motor sein, das kommerzielle Bankgeschäft nachhaltig vom Investmentbanking zu trennen.
Und nicht nur das: da sich die aktuelle türkische G20 Präsidentschaft als Fokus das Thema „Finanzierung von KMUs“ gesetzt hat, wäre eine weltweite Initiative für die Implementierung von Glas Steagall oder ähnlichen Modellen wünschenswert. Die KMUs sind nicht nur in Europa ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, Arbeitgeber und Wirtschaftsstabilisator – in vielen Schwellenländen (zu denen übrigens auch Russland und Brasilien, Mitglieder der BRICS, gehören) bilden KMUs das Rückgrat der Wirtschaft. Und als Finanzierungspartner sind die Kundenbanken essentiell – ob analog oder digital. Weiters: durch die Fintechs entstehen bereits in der digitalen Welt Systeme, die dem Trennbankensystem Folge leisten. Fintechs sind keine Universalbanken sondern kundenorientierte Digitalbanken. Sie bieten generell eine auf die Zielgruppe ausgerichtete Leistung an, und das sind bis dato meistens klassische „Bank“Kunden.
Es wird allerdings eine grosse politische Herausforderung sein, dieses Projekt in das grosse Projekt der Kapitalmarktunion der EU – Kommission zu integrieren. Vor allem auch vor dem Hintergrund, dass ein „Brexit“ unter allen Umständen verhindert werden soll bzw nicht gewollt wird. Womit wir wieder am Anfang meiner Ausführungen wären. Es bleibt daher politisch spannend. Stay tuned.
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