Demokratie auf dem Prüfstand
Am Ende des Jahres ist mein Resümee: noch nie war die Demokratie in Österreich so unter Druck. Eine kurze Einordnung.
Ich habe im Frühsommer diesen Jahres einen kritischen Kommentar zu „Marco Pogo“ geschrieben, der mir meinen ersten Shitstorm einbrachte. Seine Kandidatur war und ist für mich Symptom dafür, wie mit den Instrumenten der Demokratie leichtfertig gespielt wird – die Menschen in ihrer Politikverdrossenheit der Demokratie ihren Rücken kehren und auch aus einem Impuls heraus die falschen politischen Entscheidungen fällen.
Es geht um Moral, Ethik und Verantwortung in der Politik. Und die findet man seit Jahren immer seltener. Die Parteien, die in einer parlamentarischen Demokratie die Grundpfeiler gut funktionierender Politik sein sollten, geben einen zum Teil desolaten Zustand ab. Die Konzentration auf Personen und „Persönlichkeitswahl“ lässt vergessen, dass wir in Österreich Parteien und ihre Konzepte wählen und nicht Personen. Welche Gefahr damit verbunden ist, erleben wir seit den sog „ÖVP Chats“. Dabei ist dies nur die Spitze eines Eisbergs.
Unsere parlamentarische Demokratie ist herausfordernd, weil sie auf der Gewaltenteilung beruht. Eigentlich sollte damit das Parlament die Regierung laufend kontrollieren. Bzw einer regelmässig kritischen Betrachtung unterziehen. Nur hat das so nie wirklich funktioniert. Die Realpolitik hat die Idee von Hans Kelsen überholt. Unabhängig von Regierungskonstellationen. Die Machtpolitik war und ist so verführerisch, dass Moral und Ethik und die damit verbundene Verantwortung der Politik hintan stehen.
Medien, Justiz, Parlament
… drei Bereiche, die seit Jahren unter grossem Druck in Österreich stehen. Es ist der Bevölkerung nicht immer so bewusst, da unser aller Verstand durch strategische thematische Ablenkungsmanöver benebelt wird. Die Wiener Zeitung verschwindet, Chefredakteure des ORF und der Presse hatten offenbar Naheverhältnis zur Politik, in (zumindest einem) ORF Landesstudio wurde direkt von der Politik so interveniert, dass man sich mehr in Nordkorea als in einer westlichen Demokratie wähnt. Das ist gefährlich. Zusätzlich befeuern die Sozialen Medien Echokammern, wo man nur mehr seine eigene Meinung bestätigt bekommt. UND: Plutokraten wie Elon Musk gestalten Meinungsplattformen unter dem Begriff „Meinungsfreiheit“ so um, dass es nicht mehr demokratisch sondern anarchistisch wird. Und am Ende irgendwann auch radikal und autoritär.
Die Justiz war starken Attacken ausgesetzt, Vor allem die WKSTA (Stichwort ÖVP Chats). Die nicht immer objektive Medienberichterstattung (sic!) hat dazu beigetragen, dass bei der Bevölkerung auch das Vertrauen in die Justiz schwindet (eine von 3 Säulen unserer Demokratie!!). Und auch das Parlament funktioniert nicht wie ein Kontrollorgan sondern Vollstrecker der Regierungsarbeit. Die Diskursfähigkeit kommt abhanden, die sachliche, inhaltliche Diskussion findet nicht statt. Wichtig für eine funktionierende, resiliente Demokratie.
Ernsthaftigkeit mit Humor
Die abhanden gekommene Ernsthaftigkeit der Politik bewirkt ironischerweise auch, dass gleichzeitig mit ihr der Humor in der Politik verschwindet. Ernsthafte, reflektierte und damit tlw unpopuläre Politik kann durchaus auch zwischendurch einen humoristischen Aspekt haben. Lachen ist der beste Ausdruck dafür, wofür Demokratie steht: Freiheit – oder haben Sie schon einmal autoritäre PolitikerInnen oder Diktatoren aus vollem Herzen lachen sehen?
Hinterlasse ein Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!