Nina Hoppe´s analysis of pros and cos to Capital markets Union and the Europe of Regions

Kapitalmarktunion vs Europa der Regionen?

Es zieht wieder ein Gespenst durch die Europäische Union. Und fürchten müssen sich wieder einmal die Regionalbanken. Und damit eigentlich der europäische Wirtschaftsraum. Der sich bis heute sehr von seinen Konkurrenten wie dem amerikanischen unterscheidet. Sein USP (Unique selling Point): die Klein- und Mittelbetriebe, die das Rückgrat der europäischen Wirtschaft bilden.

Und obwohl in Ländern wie zb Deutschland oder auch Österreich, die Wirtschaft vom Kollaps, der 2008 einsetzte, weitgehend verschont blieb (wg KMUs UND Regionalbanken als Finanzpartner/ Kreditgeber), will die neue EU Kommission eine einheitliche Kapitalmarktunion schaffen. Bis 2019. Als Alternative zur bankbasierten Wirtschaftsfinanzierung. Und diese wird nun dieser Tage als Grünbuch präsentiert.

Down Hill Race

Die Idee stammt vom neuen EU Kommissionpräsidenten Jean Claude Juncker. Vorangetrieben werden soll sie von seinem Finanzmarktkommissar Jonathan Hill. Brite und damit eigentlich nicht nur Kenner sondern auch Profiteur einer möglichen Kapitalmarktunion. Diese soll sich sehr an dem amerikanischen Vorbild orientieren. Oder doch nicht so wirklich? Das eigentliche Problem ist, dass sich im Detail die Einigkeit noch nicht zeigt. Martin Merlin aus dem Finanzmarktkommissariat meint, es solle eine stärke Diversifizierung der Finanzierungsquellen erreicht werden. Ohne einen allzu raschen Wechsel zum US Modell (hoher Anteil durch Finanzierung am Kapitalmarkt) anzustreben. Also was soll sie nun können? Wie soll diese Uniformierung stattfinden? Welche Widerstände sind zu erwarten?

Zunächst die Fakten:

Momentan übernhemen die Banken in der EU 70% der Wirtschaftsfinanzierung, in den USA werden 80% über den Kapitalmarkt finanziert. Das will die EU Kommission auch für Europa. Um sich von den Banken, die noch immer mit faulen Krediten kämpfen und ihre Bilanzen nicht auf die Reihe bekommen, unabhängiger zu machen.

Der große Unterschied zwischen USA und der EU ist dabei, dass sich der Hypothekenmarkt in Europa ausschließlich über die Banken finanziert – die USA holt sich das Geld wiederum (dank staatlich geförderter Baufinanzierer Fanny Mae und Freddie Mac) direkt vom Anleihenmarkt.

In Europa spielt der Anleihenmarkt bei der Finanzierung von Hypotheken eine untergeordnete Rolle. In der Regel finanzieren sich die Banken direkt und die Hypotheken bleiben in deren Bilanzen. Das war übrigens lange ein Qualitätsmerkmal der europäischen Banken: höheres Kredit-Einlagen Verhältnis und geringere Kapitalquoten.

Und dann ist natürlich der deutliche Unterschied bei den Unternehmensstrukturen. Die Struktur der Klein- und Mittelständischen Wirtschaft in Europa, kulturell und historisch bedingt, forcierte die lokalen, regionalen Bankinstitute, die genaues Wissen und Expertise ihrem Kunden zukommen lassen konnten. Durch die Regulierungen ist dies allerdings nachhaltig erschwert worden.

Übrigens ein sehr beckmesserischer Hintergrund: zuerst wurden die Kundenbanken, die zum Großteil die Finanzkrise nicht mitverursacht haben und eher Stabilisatören in der Krise waren, durch einen Regulierungstsunami in ihrer Kernfunktion weitgehend beschränkt. Unmittelbar nach der Verordnung und deren Implementierung veröffentlichte der damalige Binnenmarktkommissar Michel Barnier sein Grünbuch zur langfristigen Finanzierung. In dem stand, dass sich eben auch die Kleinanleger (vulgo Sparer) und -kreditnehmer am Kapitalmarkt orientieren sollen. Weil die Banken dazu nicht mehr in der Lage seien.

Ziel: Schaffung von 5-6 EU-Grossbanken

Allerdings wollen auch Hill und Juncker heute nicht völlig auf die Banken verzichten. Sie sehen sie noch immer als wichtigen Mittler, allerdings mit der Auflage, wieder mehr an Risiko zu übernehmen. Stichwort Verbriefungen.  Die Banken sollen – so unter anderem auch der Chef der europäischen Wertpapieraufsicht, ESMA, Steven Maijoor – das Kapitalmarktfinanzierungsgeschäft organisieren. Er spricht in diesem Zusammenhang von der „accelerated harmonisation“. Und Maijoor beklagt des weiteren, dass Retailinvestoren zu wenig Vertrauen in risikoreiche Produkte haben und daher bei einfachen Sparprodukten bleiben. Dies soll durch Verbraucher- und Investorenschutz geändert werden.

Was besonders interessant ist: die Regulierungen, und damit vor allem Basel III, sollen in den Bereichen wieder gelockert werden, die das Mehr an Risiko wieder zulassen. Ohne aber gleichzeitig die Kundenbanken wieder ungehindert in ihrer Kernfunktion, der Kreditvergabe und dem Einlagengeschäft,  zu stärken. In Wahrheit kehrt die Kommission wieder an die Argumentationsstelle zurück, die die Kundenbanken unter dem Binnenmarktkommissar Charlie Mc Creevy vorfanden: eine Konsolidierung des europäischen Bankensektors, mit dem Ziel, nur mehr 5 bis 6 europäischen Grossbanken zu haben. Damit würde aber die EU wieder hinter die USA zurückgefallen, denn dort gewinnen die Community Banks (Pendant zu europ. Regionalbanken) immer mehr an Bedeutung. Das hat mittlerweile selbst die Obama Administration, ein zunächst massiver Befürworter von Investment und Grossbanken, begriffen.

Ein hoher Vertreter aus dem Kommissariat von Hill spricht bereits von der Errichtung von Financial Centers, die je nach nationaler Begebenheit, die Öffnung und Kreation zum Kapitalmarkt koordinieren.

Europa, erwache!

 

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